die Entdecker

Eines der beeindruckendsten Monumente Lissabons ist das Denkmal der Entdeckungen (Padrão dos Descobrimentos) am Kai von Belém, unweit des ebenso bekannten Turms (Torre de Belém). Natürlich sind die Portugiesen stolz auf ihre Geschichte, sie waren Pioniere der großen Entdeckungen im 15. und 16. Jahrhundert. Das ursprüngliche Denkmal wurde 1940 aus Anlass der „Ausstellung der Portugiesischen Welt“ errichtet. Das Datum ist kein Zufall: in jenem Jahr feierte Portugal sein 800-jähriges Bestehen (1140 wurde Alfons Heinrich I. zum König gekrönt). Das verwendete Baumaterial war jedoch ziemlich vergänglich; ein leichter Eisen- und Zementrahmen, während die geformte Skulptur hauptsächlich aus Gips bestand. 1960, zum 500. Todesjahr von Heinrich dem Seefahrer, wurde dann die heutige Version aus Stein und Beton erbaut und eröffnet.Die Kalksteinfiguren an beiden Seiten des 56 Meter hohen Monuments, welches an den Bug eines Schiffes erinnert, zeigen bedeutende Persönlichkeiten der Geschichte, die untrennbar mit den Entdeckungen verbunden sind: ganz vorn Heinrich der Seefahrer, mit einer Karavelle in der Hand; ihm folgen, neben einigen königlichen Hoheiten, berühmte Entdecker wie Vasco da Gama, Pedro Álvares Cabral, Diogo Cão, Gil Eanes und Fernão de Magalhães, wichtige Vor- und Wegbereiter wie der Astronom Pedro Nunes und der Kartograf Jehuda Cresques und nicht zuletzt Luís de Camões, der in seinem Werk Os Lusíadas die Entdeckung des Seeweges nach Indien unter Vasco da Gama verdichtete, und vielen anderen.

Die Expeditionen dieser Epoche fußten natürlich auf wirtschaftlichen und politischen Interessen, nicht zuletzt des Königs persönlich, und der entsprechenden Finanzierung. Dennoch wären sie ohne den „Entdeckergeist“ der Seefahrer schwerlich erfolgreich gewesen. Ob das folgende Gedicht jenem wirklich nahe kommt, muss der Leser entscheiden.

Seit Monaten die See, nichts als die See
und wir, das Astrolabium zur Hand.
Uns führt der Wille Luv, der Glauben Lee
und Gottes Gunst am Firmament. Kein Land

am Horizont. Mitunter narrt uns bloß
der Höllenfürst mit einem Wolkenturm
und lässt dann Kerberos in Böen los.
Wir trotzen, widerstehen jedem Sturm,

Skorbut und selbst der Enge unter Deck.
Wir folgen der Mission der Majestät,
doch was uns wirklich nährt, ist nicht ihr Zweck
und ein Gewinn. Was unsre Herzen bläht,

ist Ruhm, sein abendlicher Ruf aus West.
Droht auch Verhängnis, schlägt das Wetter um,
ob Flaute ob Orkan, wir halten fest:
an Wille, Gott und Astrolabium.

Tula, Oktober 2021